Es wird Zeit! Lehrkräfte an Grundschulen verdienen eine gerechte Anerkennung ihrer Leistung. Dass ihre Arbeit mehr wert ist, zeigen eindeutig auch rechtliche Gutachten. Ein Kommentar von Frauke Gützkow.
Warum ist Professionalität im pädagogischen Handeln an Grundschulen weniger wert, als Professionalität in einem Leistungskurs in der Oberstufe? Dass dieses Denkmuster längst überholt ist, sich aber immer noch in der Besoldung von Grundschullehrkräften widerspiegelt, ist nicht nur verfassungswidrig, sondern diskriminiert Frauen mittelbar. Trotz gleichwertigen Arbeitsanforderungen und in vielen Bundesländern auch gleich langen Ausbildungen werden Grundschullehrkräfte in der Besoldung niedriger eingestuft als ihre Kolleginnen und Kollegen an Gymnasien, Berufsschulen, Sonder- und Förderschulen und der Sekundarstufe II an Gesamtschulen. Gerade im Vorfeld des Internationalen Frauentags und des Equal Pay Days wird es Zeit, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und gleichwertige Arbeit auch gleich zu entlohnen, damit Geschlechtergleichheit auch bei der Bezahlung Wirklichkeit wird.
Doch was steckt dahinter, wenn Grundschullehrer_innen nicht angemessen bezahlt werden? Geschlechterstereotype Denkmuster, die davon ausgehen, dass Frauen ganz selbstverständlich die Betreuung und den Unterricht der Grundschulkinder übernehmen! Falsch! Die Arbeit an Grundschulen ist längst in Professionalität und Wissenschaftlichkeit jeder Tätigkeit an anderen Schulformen gleichwertig, die wissenschaftlichen und pädagogischen Anforderungen sind hoch, ein Masterabschluss oder Staatsexamen und das Referendariat sind Zugangsvoraussetzungen in den Beruf. Ein arbeitswissenschaftlicher Vergleich der Tätigkeiten an Grundschulen mit der Sekundarstufe II zeigt, dass Lehrer_innen im Primarbereich intellektuell nicht weniger beansprucht werden. Hinzu kommt, dass die psychischen und die sozialen Anforderungen sogar noch höher sind. Das dreigliedrige Schulsystem beschert weiterführenden Schulen vergleichsweise homogene Lerngruppen. An Grundschulen hingegen trifft die gesamte soziale Bandbreite unserer Gesellschaft aufeinander. Und hier wird Inklusion gelebt. Denn lernschwache Kinder, Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund und Kinder mit besonderen Bedürfnissen werden integriert.
All das macht deutlich: Grundschullehrer_innen verdienen mehr! Die GEW fordert schon seit langem A13 für alle! Eine gleiche Besoldung beendet die mittelbare Diskriminierung von Frauen an Grundschulen. Es sind zu 90 Prozent Frauen, die die anspruchsvolle Arbeit an den Grundschulen leisten – mehr als an allen anderen Schularten. Dass hier der eigentliche Grund für die schlechtere Bezahlung liegt, zeigt auch das aktuelle Rechtsgutachten von Prof. Dr. Eva Kocher, Dr. Stefanie Porsche und Dr. Johanna Wenckebach (vgl das Interview mit Eva Kocher in diesem Newsletter). Die Spielregeln für die Eingruppierung sind zwar geschlechtsneutral formuliert, treffen aber überwiegend Frauen. Es wird Zeit, die mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu beenden. Dafür macht sich die GEW stark. Jetzt sind die Landesregierungen in der Pflicht, gesetzlich nachzubessern, damit die gesellschaftlich wichtige und verantwortungsvolle Arbeit gerecht entlohnt wird.
(Frauke Gützkow ist Mitglied des GEW-Hauptvorstandes für den Bereich Frauenpolitik. Der Artikel wurde der Homepage GEW-Bund entnommen)