Mehr Geld in den Kultushaushalt statt Mehrarbeit für Lehrer
GEW reicht Normenkontrollklage ein
Mit der Arbeitszeiterhöhung verletzt das Land seine Fürsorgepflicht und verstößt gegen europarechtliche Arbeitszeitrichtlinie
Rechtsanwalt Dr. Ralph Heiermann stellte am Montag, den 1. Dezember die Normenkontrollklage vor, mit der zwei 60-jährige Gymnasiallehrkräfte gegen die Erhöhung der Arbeitszeit und die Streichung der Altersermäßigung vorgehen. „Ich bin davon überzeugt, dass das Oberverwaltungsgericht unserer Auffassung folgen wird“, erklärte Dr. Heiermann. Bisherige Arbeitszeitstudien, so auch die jüngste Erhebung an der Tellkampfschule in Hannover, sprächen dafür, dass die Arbeitszeit von Gymnasiallehrkräften nach der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung nicht mehr im Rahmen der allgemeinen Arbeitszeit der Beamten bliebe. RA Heiermann verwies darauf, dass das Land mit seiner Argumentation bereits 2013 beim Niedersächsischen Oberlandesgericht durchgefallen sei, als es forderte, die Lehrer müssten selbst für einen Ausgleich sorgen, in dem sie den von ihr bestimmbaren Anteil der Arbeit so reduzieren, dass sie insgesamt den Rahmen der allgemeinen Arbeitszeitregelung einhalten. Eine solche Reduzierung des außerunterrichtlichen Einsatzes könne nämlich als Dienstpflichtverletzung angesehen werden. (§ 34 BeamtStG).
Das Land habe in seiner Begründung der Arbeitszeiterhöhung überhaupt keine Abwägung vorgenommen, aus der hervorgeht, ob Arbeitszeit der Gymnasiallehrer noch im Rahmen der allgemeinen Beamtenarbeitszeit bleibt. Stattdessen hat die Landesregierung zur Begründung ihrer Maßnahme lediglich angeführt, durch sie würden fehlende Finanzmittel im Gegenwert von 760 Stellen für wünschenswerte schulpolitische Maßnahmen frei.
GEW bleibt hartnäckig und hat noch Pfeile im Köcher
„Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft greift zum Mittel der Normenkontrollklage, um in der Abwehr der Arbeitszeitverlängerung und der Verweigerung der zweiten Stufe der Altersermäßigung alle Mittel auszuschöpfen“, erklärt der Landesvorsitzende Eberhard Brandt. Die rechtliche Argumentation sei so aufgebaut, dass sie auch für die übrigen Schulformen relevant ist. Diese Argumentation will die GEW mit einer breit angelegten Arbeitszeitstudie untermauern. „Unser Ziel ist, dass 100 Kollegien aller Schulformen bei der Arbeitszeitstudie mitmachen. Dann haben wir eine breite statistische Basis, um die Notwendigkeit der Entlastung für alle zu unterfüttern.“ so Eberhard Brandt. Die Senkung der Unterrichtsverpflichtung für alle Schulformen bleibe das große Ziel der GEW. Die derzeit laufende Beschwerdewelle der Grundschulen zeige, dass ein gezielter schneller Abbau von Überlastungen notwendig sei.
Zugleich fordert die GEW die Landesregierung auf, über Verhandlungen über die vertragliche Gestaltung der Arbeitszeit der Lehrkräfte einzutreten. Es müsse Schluss sein mit jeglichem Gedanken, fehlendes Geld im Haushalt durch die Mehrbelastung der Lehrkräfte zu kompensieren. Die Arbeitszeit und die Anzahl der Lehrerstellen dürfen nicht länger Spielball des Konjunkurverlaufs oder Opfer der Schuldenbremse sein. Die strukturelle Unterfinanzierung des Kultusetats – nach Kultusministerin Frauke Heiligenstadt 1,787 Mrd. pro Jahr – könne schon gar nicht durch Mehrbelastung des Personals ausgeglichen werden.
Jetzt müsse ein Kompromiss über kurzfristige Entlastungen gefunden werden. „Es liegt auch im Interesse der Landesregierung, sich schnell mit den Lehrkräften und ihrer Gewerkschaft zu einigen. Nur so könne sie mit dem Thema Bildung punkten und ihre Reformvorhaben erfolgreich durchführen“, betont der GEW-Landesvorsitzende. Es müsse nicht dazu kommen, dass die GEW zur Unterstützung ihrer Anliegen im Rahmen der Tarifauseinandersetzung im Februar/März 2015 zu demonstrativen Beamtenstreiks aufruft.
(Hintergrundinfos zur Normenkontrollklage hier: Informationen zur Normenkontrollklage)
Text: Richard Lauenstein